Ein interdisziplinärer Expertenkreis der Polizei NRW hat zusammen mit externen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern deutscher Universitäten 16 Bausteine für die Zukunft der Kriminalpolizei entwickelt. Die zentralen Handlungsfelder sind Entlastung und Qualifizierung sowie die für alle Handlungsfelder relevante Digitalisierung.
Erste Maßnahmen wurden daraus bereits abgeleitet, befinden sich in der Umsetzung oder werden unterstützt. Weitere Umsetzungsschritte werden 2024 mit einem neuen Maßnahmenpaket eingeleitet.
Vorausgegangen war die Frage danach, wie sich die Arbeitswelt der Kriminalpolizei bis 2030 verändern wird, welchen Herausforderungen sie sich stellen muss und welche Entscheidungen jetzt nötig sind, um auch zukünftig robust und erfolgreich Kriminalität bekämpfen zu können?
„Kripo NRW - Mit Sicherheit vorbereitet“ war das Motto des Kongresses
Innenminister Herbert Reul eröffnete den Kongress und wies auf die besondere Location hin: das Gebäude K20 der Kunstsammlung in Nordrhein-Westfalen. Denn Kunst setzt Impulse, schafft neue Perspektiven, weitet den Blick. Das passt zu den Herausforderungen der Kripo in NRW. Ein weiteres Grußwort sprach Director General Sung-Ju Park von der Korean National Police Agency. Der Direktor des LKA, Ingo Wünsch, stellte die neuesten Entwicklungen aus der Kriminalitätslage vor. Thomas Jungbluth vom Innenministerium präsentierte die Ergebnisse der Szenarioanalyse und stellte die zukünftigen Herausforderungen für die Polizei NRW dar.
Zukunftsforscher Dr. Stefan Carsten ist Experte für die Szenariotechnik und erklärte ihren Nutzen anhand von Beispielen und seinen Erfahrungen. Zu seinen Kunden zählen etwa Bosch, BKA, Deutsche Bahn AG, Daimler, IHK, DEVK und viele andere.
„Welches sind die sieben teuersten Wörter für jede Organisation?“
Mit dieser Frage begann Frau Prof. Dr. Isabell Welpe von der Technischen Universität München ihre Keynote. Die Inhaberin des Lehrstuhls für Organisation und Strategie warb in ihrem Vortrag zu Skills, Set-up und Leadership für die Bereitschaft zur Veränderung und lobte die strategische Vorgehensweise mit Hilfe der Szenariotechnik. Sie sah schon viele große Konzerne scheitern, die sich die sieben teuersten Worte geleistet haben: „Das haben wir schon immer so gemacht.“
In verschiedenen Showcases gaben Dr. Lena Lindemann von der ERGO Group AG, Sven Esser vom ADAC Nordrhein e. V. und Taeho Kang vom Korea Institute of Police Technology wertvolle Impulse zu den Themen:
- Recruiting
- Employer Branding
- Talentmanagement
- Personalverwendung im digitalen Zeitalter
- Kundennähe in der digitalen Welt
- Globale Kooperationen
- Technologien zur Kriminalitätsbekämpfung
Kölns Polizeipräsident und ehemaliger Landeskriminaldirektor Johannes Hermanns betonte in seinem abschließenden Ausblick noch einmal: „Die Szenarioergebnisse sind so ausgerichtet, dass sie in eine übergeordnete Gesamtstrategie der Polizei NRW eingebettet werden können. Denn jeder weiß: Kriminalitätsbekämpfung ist ein gesamtpolizeiliches Thema.“
Rund 250 geladene Gäste verschiedener Hierarchieebenen aus der Polizei NRW, Vertreter der Kriminalpolizeien der Länder sowie eine Delegation der koreanischen Polizei beim „Zukunftskongress Kripo“ waren der Einladung der Initiative PRO K gefolgt, um die Ergebnisse erfahren und diskutieren zu können.
Wird unsere Gesellschaft zusammenrücken oder wird sich bald jeder nur noch um seinen persönlichen Vorteil kümmern?
Mit Sicherheit kann niemand diese Frage beantworten. Die Gruppe um Thomas Jungbluth hat - unterstützt vom Zukunftsforscher Dr. Stefan Carsten - in einer umfassenden Analyse vier verschiedene gesellschaftliche Szenarien für die nahe Zukunft ausgearbeitet. Daraus ergaben sich für die Polizei NRW letztendlich 16 konkrete Bausteine für die Bewältigung der Herausforderungen.
Drei dieser Bausteine, die direkten Einfluss auf den Erfolg haben, hat die Initiative PRO K in den vergangenen Monaten in den Fokus genommen:
- Qualifizierung
- Entlastung
- Digitalisierung
Alle drei Themenfelder stehen in einer Wechselwirkung zueinander und sichern in der Summe erfolgreichere Kriminalitätsbekämpfung und damit eine attraktive Tätigkeit. Sie sind heute schon mit Maßnahmen hinterlegt und weitere folgen.
Die 13 weiteren Handlungsempfehlungen der Szenarioexperten beschreiben viele weitere Rahmenbedingungen wie etwa die Bewertung von Funktionsstellen in der Kripo, die technische Ausstattung oder die Anforderungen an die polizeilichen Liegenschaften.
Hokus Pokus oder Strategie - Was ist die Szenariotechnik?
Die Szenario-Analyse ist eine anerkannte wissenschaftliche Methode und hat ihren Ursprung in der militärischen Strategieplanung. In der konkreten Anwendung bei der Polizei NRW beschäftigt sie sich mit dem Abschätzen gesellschaftlicher Entwicklungen und den daraus resultierenden Herausforderungen für die Polizei NRW. Die Szenariotechnik wird mittlerweile auch zur strategischen Planung in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft erfolgreich eingesetzt.
Sie ist das Denken in Alternativen der Zukunft und damit das "Denken auf Vorrat". Im Ergebnis erhöht sie dadurch die Reaktionsfähigkeit von Organisationen.
Die Szenariotechnik zielt in unserem Fall nicht darauf ab, alle Deliktsfelder und kriminalpolizeilichen Themenfelder wie etwa die Kriminalprävention oder die Kriminaltechnik mit Maßnahmen zu überziehen, sondern ein Lösungsmodell im gesamtpolizeilichen Kontext zu schaffen.
Der vorgestellte Ergebnisbericht ist nicht zu verwechseln mit der in 2024 erwarteten Belastungsanalyse FoKuS Kripo. Beide Maßnahmen sind Teil des 10-Punkte-Plans von Innenminister Herbert Reul.