Lieben Gruß aus Afrika

Lieben Gruß aus Afrika
Lieben Gruß aus Afrika
PHKin Anne Dicks, die normalerweise ihren Dienst im Wach- und Wechseldienst des PP Mönchengladbach versieht, berichtet von ihrem Auslandseinsatz im Südsudan.
Anne Dicks

Dort arbeitet sie im Gender Based Violence Specialized Team für die United Nation Mission in South Sudan (UNMISS).

Hier ihr Erfahrungsbericht:

Hallo nach Hause!
Inzwischen sind schon gut 4 ½ Monate rum. Unglaublich, wie die Zeit rennt. Das ist ein sehr gutes Zeichen dafür, dass ich hier inzwischen richtig angekommen bin. Mir gefällt es sehr gut und ich fühle mich total wohl.

Das wird zu einem großen Teil daran liegen, dass wir Anfang Dezember, nach 7 Wochen in dem Transitcontainer, endlich ins UN House und damit in unsere Bungalows umgezogen sind.
 Dadurch haben wir auf der einen Seite die tägliche Fahrerei (2x am Tag ca 40 min) gespart und auf der anderen Seite haben wir schöne Unterkünfte.

Hier bewohnen wir zu zweit einen Bungalow. Der hat eine Wohnküche, komplett ausgestattet mit Küchenzeile und Fernseher (allerdings kein Sat-Empfang), Couch und Esstisch, ein Schlafzimmer und ein Bad mit Waschmaschine und Trockner. Das ist richtiger Luxus. Auch an das Schlafen zu zweit in einem Zimmer haben wir uns sehr schnell gewöhnt. So sehr das es schon komisch ist wenn man alleine schlafen muss, weil die andere im Urlaub ist.

Zum anderen liegt es auch daran, dass mir die Arbeit wirklich großen Spaß macht.

Zusammen mit meiner Mitbewohnerin bin ich für den Trainingspart in unserem Team zuständig. Das heißt, wir entwickeln und geben Trainings für die Kollegen, die neu in die Mission kommen; für die südsudanesische Polizei; die Gender Kollegen, die in den sogenannten States (der Süd Sudan hat noch 10 States) arbeiten und natürlich für die unterschiedlichen Gruppen in den Flüchtlingscamps.

Das Hauptaugenmerk unseres Trainings liegt natürlich auf unserem Gender Thema. Dass bedeutet alles rund um Gewalt gegen Frauen und Kinder, Unterstützung von Frauen und Kindern, Stärken von Frauen und Kindern, Problemidentifikations- und Lösungsansätze sowie Präventions-/ Sensitazations-/ Awarenesstraining.

Für jede Gruppe müssen wir natürlich andere Trainings entwickeln. Jeder ist auf einem anderen Wissensstand und sogar bei manchen Kollegen aus anderen Ländern ist das Wissen und vor allem das Verständnis in diesem Bereich sehr differenziert.

Am meisten gefällt mir persönlich das Training mit der südsudanesischen Polizei. Neben “normalen” Trainingseinheiten für alle Polizisten sind wir Teil einer Working Group für die Special Protection Unit. Das ist eine Einheit innerhalb der Polizei, die ganz speziell darin aus- und fortgebildet wird, sich mit dem Thema sexuelle Gewalt gegenüber Frauen und Kindern zu befassen. Sie sollen lernen, sich gegenüber Opfern von (hauptsächlich sexueller) Gewalt professionell zu verhalten. Dabei geht es um die Anzeigenaufnahme, das Vermitteln an Krankenhäuser, an Psychologen und den weiteren Ermittlungsverlauf.

Die Kollegen (leider überwiegend Männer) sind hier wirklich sehr engagiert. Im Gegensatz zu den meisten Frauen im Land haben sie schon verstanden, dass es sich bei Gewalt gegen Frauen und Kinder um eine Straftat handelt. Vergewaltigung wird hier im Süd Sudan mit 14 Jahren Haft bestraft, wenn es gerichtlich verfolgt wird.

Zusätzlich habe ich das Glück, dass ich mit einer anderen Kollegin zusammen ein tolles Projekt auf die Beine stellen kann. Den “Victim Support Room”. Hierbei handelt es sich um einen Container im UN Compound, der als Anlaufstelle für Opfer von Gewalt (egal ob Männer oder Frauen) dienen soll. Er ist in 3 Räume aufgeteilt. Schlaf-, Sanitär- und Anzeigenbereich. Hier können ganz in Ruhe Anzeigen erstattet werden, die Opfer können hier medizinisch und psychologisch versorgt werden und sich für 48 Stunden erstmal zurückziehen.

Ganz aktuell haben wir die Zusage, dass wir großartige Unterstützung dafür aus Deutschland bekommen. Die Organisation “Lachen Helfen” wird zu einer Spendenaktion hierfür aufrufen! Also, wenn ihr euch beteiligen wollt…sehr gerne. Genauere Infos gibt es dann bei mir oder auf der Homepage von „Lachen Helfen“!

Inzwischen bewege ich mich hier auch ganz normal in der Stadt. Es ist wirklich sicher und nicht zu vergleichen mit Afghanistan. Wir gehen in den Supermärkten einkaufen, schlendern über die Märkte und am Wochenende fahren wir oft in ein großes Hotel und genießen den Sonntagnachmittag (einzige freie Zeit) bei herrlichem Wetter am Pool. Das ist dann wie ein kleiner Kurzurlaub und man kann für einen kurzen Moment komplett vergessen, wo man sich befindet.

Auch ein großer Unterschied zu Afghanistan ist das Internationale Zusammensein hier. Zu allen möglichen Gelegenheiten wird gegrillt und gefeiert. Und das heißt, dann feiern Engländer, Russen, Brasilianer, Bosnier, Schweden, Deutsche, Ukrainer Amerikaner, Afrikaner usw. zusammen. Jedes Mal ein Erlebnis und sehr gut natürlich für mein Englisch!

Sehr wichtig ist mir, dass ich regelmäßig mit den Kollegen vom Community Policing Team in die Camps fahre. Vor allem das Zusammentreffen mit den Kindern ist immer so schön. Inzwischen kennen uns die Kids natürlich, kommen alle immer direkt angelaufen und rufen “Koadscha…Koadscha”. Das ist hier ein Ausdruck für Weiße, die Gutes tun. Die Kleinen sind ganz fasziniert von unserer Haut und streicheln immer mit ihren Fingern darüber. Meine blonden Haare finden sie natürlich auch faszinierend und fummeln immer daran rum. Am Anfang war es eine große Überwindung das zuzulassen. Die Kinder hier sind wirklich richtig ungepflegt, naja, dreckig. Und am liebsten wäre ich jedes Mal nach einem Besuch sofort unter die Dusche gesprungen. Aber irgendwann habe ich mich daran gewöhnt und freue mich jetzt, sie immer wieder zu sehen.

So, das soll fürs Erste reichen. Ich werde bald wieder berichten.

Bis dahin liebe Grüße nach Deutschland

Eure Anne

In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110