Rund 800 Beamtinnen und Beamte der NRW-Polizei durchsuchen mehr als 40 Wohnungen und Geschäftsräume des Vereins „Osmanen Germania BC“ und seiner Mitglieder. Die Durchsuchungen finden in über 20 Städten in Nordrhein-Westfalen statt. Sie sind Teil von vereinsrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen des Bundesinnenministeriums (BMI). Es besteht der dringende Verdacht, dass Zweck und Tätigkeit des Vereins gegen Strafgesetze verstoßen. „Ich freue mich, dass der Bundesinnenminister so konsequent gegen kriminelle Rockerbanden vorgeht. Das liegt voll auf unserer nordrhein-westfälischen Null-Toleranz-Linie“, erklärte Innenminister Herbert Reul. „Nach meinem ersten Eindruck hat die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in diesem Fall außerordentlich gut funktioniert.“
Die Durchsuchungen im Auftrag des BMI finden in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen statt. „Osmanen Germania BC“ hat aktuell bundesweit rund 300 Mitglieder. Die meisten haben türkische Wurzeln.
In Nordrhein-Westfalen fanden Durchsuchungen in folgenden Städten statt: Ahlen, Bergisch Gladbach, Bergneustadt, Bochum, Bottrop, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Gladbeck, Herten, Hilden, Hürth, Köln, Lengerich, Lüdenscheid, Marl, Plettenberg, Radevormwald, Recklinghausen, Siegen, Wenden, Werdohl, Witten und Wuppertal.
„Osmanen Germania BC“ - eine kriminelle, rockerähnliche Gruppierung:
Der Verein „Osmanen Germania BC“ hat in Nordrhein-Westfalen rund 150 Mitglieder und gibt vor, sich als „Boxclub“ vor allem um Jugendliche zu kümmern. Tatsächlich kam es in der Vergangenheit wiederholt zu schweren Körperverletzungs- und versuchten Tötungsdelikten bei Auseinandersetzungen mit anderen Rockergruppen. „Wir beobachten die Szene sehr genau und lassen uns von diesen Organisationen nicht blenden“, machte Minister Reul deutlich.
„In den vergangenen zwei Jahren sind Mitglieder der „Osmanen Germania BC" polizeilich insbesondere wegen Raub-, Erpressungs-, Nötigungs-, Körperverletzungs- und Bedrohungsdelikten sowie wegen Landfriedensbruch und Verstößen gegen das Waffengesetz in Erscheinung getreten,“ erklärte Landeskriminaldirektor Dieter Schürmann. Die „Osmanen Germania BC" sind aktuell in zehn Chaptern (Ortsgruppen) organisiert. Die einzelnen Chapter sind gleichberechtigt dem vormals in Hessen angesiedelten „World Chapters" nachgeordnet. Dieses gilt als bundesweites Führungsgremium des „Osmanen Germania BC". Angesichts des mutmaßlichen Rücktritts dessen Führungspersonen im Frühjahr 2017 und der Inhaftierung weiterer Funktionäre ist jedoch derzeit unbestimmt, ob die einzelnen Chapter des „Osmanen Germania BC" noch einer bundesweiten Führung bzw. Steuerung unterliegen.
Die NRW-Polizei geht konsequent gegen kriminelle Rockerbanden vor:
Die NRW-Polizei schöpft alle taktisch möglichen Maßnahmen der Strafverfolgung und der polizeilichen Gefahrenabwehr sowie insbesondere auch verkehrs-, vereins-, gaststätten-, gewerbe- und baurechtliche Handlungsmöglichkeiten (Administrativer Ansatz) im Kampf gegen kriminelle Rockergruppen bzw. rockerähnliche Gruppierungen umfassend aus. „Es gilt Null Toleranz bei der Bekämpfung der Rockerkriminalität. Es ist wichtig, kriminellen Rockergruppierungen nachhaltig deutlich zu machen, dass ausschließlich der Staat das Gewaltmonopol besitzt,“ betonte Schürmann. Die Polizei toleriert keine durch Rockergruppierungen selbst reklamierten Gebiets- und Besitzansprüche sowie keine rechtsfreien Räume. Rockerkriminalität wird der Organisierten Kriminalität zugerechnet, deren Bekämpfung ein kriminalstrategischer Schwerpunkt der nordrhein-westfälischen Landesregierung ist.
„Osmanen Germania BC“ mit Beziehungen zur türkischen Regierung:
Die Sicherheitsbehörden betrachten den „Osmanen Germania BC" als eine rockerähnliche Gruppierung, die sich auch politisch positioniert und türkisch-nationalistische und im Internet teilweise auch rechtsextremistische Ansichten vertritt. Ausdruck dieser politischen Positionierung sind Kontakte zwischen führenden Mitgliedern der Osmanen Germania BC und Vertretern der AKP bzw. der türkischen Justiz, Ordnereinsätze bei Veranstaltungen wie zum Beispiel der UETD (Union Europäisch-Türkischer Demokraten, Interessenverband der AKP) sowie die Teilnahme an Demonstrationen, mit denen die türkische Regierung unterstützt werden soll.