Polizeinotruf in dringenden Fällen: 110

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Zusammen auf Streife mit einer Streifenwagenbesatzung der Gendarmerie Nationale an der Strandpromenade von Soorts-Hossegort
Auf Streife mit der „Communauté de Brigades de Capbreton“ in der Region „Nouvelle Aquitaine“ im Département Landes im äußersten Südwesten Frankreichs an der Atlantikküste
Im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich bot sich dem Kölner Polizisten Ingo Petschelt die Möglichkeit, an den „Europäischen Kommissariaten 2019“ in Frankreich teilzunehmen.
Polizei Köln, Ingo Petschelt

Am 31. Juli 2019 begab ich mich, nachdem sämtliche, dienstlichen Genehmigungen beispielsweise zum Tragen der Uniform im Ausland, zum Mitführen und Nutzen der dienstlich zugewiesenen Waffe etc. eingeholt waren, auf „große Fahrt“.

Für mich stand eine Anreise mit dem Flugzeug nicht zur Disposition, da eine Flugreise von Düsseldorf oder Köln nach Biarritz einen Zeitaufwand von ca. 9 bis 13 Stunden mit sich gebracht hätte und die erforderliche Mitnahme von privaten und dienstlichen Kleidungsstücken, sowie Bettwäsche, Geschirr, einer Kaffeemaschine etc. für  einen Zeitraum von mehr als vier Wochen wohl eine „Antonov“ erforderlich gemacht hätte. Lange Rede, kurzer Sinn - gegen 5 Uhr morgens ging es mit meinem PKW auf in Richtung Frankreich. Eine Autofahrt von ungefähr 1350 km Länge, die ich aber Dank einer längeren und diverser, kürzerer Pausen gut überstand, so dass ich am gleichen Tag um 19:45 Uhr in Capbreton ankam.

Leider erwartete mich an meinem ersten Tag hier im Südwesten Frankreichs nicht ganz das Wetter, welches ich erwartet hätte, da sich über Nacht und auch am Morgen dieses Tages doch deutliche Pfützen gebildet hatten und man von der Vegetation abgesehen auch durchaus der Meinung hätte sein können, sich nach wie vor im Rheinland zu befinden.

Aber, wie ich jetzt feststellen muss, ist dieses Wetter genau DAS, welches der Vegetation und dem Esprit der hiesigen Region seinen Charme verleiht. Da Regen – auch mitten im Hochsommer – hier durchaus nicht ungewöhnlich ist, es dafür aber eben nicht so karg aussieht wie beispielsweise an der Cote d ́Azur, wo der Hochsommer DEUTLICH heißer und trockener ist.

 

Mein erster Tag „auf Streife“ mit der Gendarmerie Nationale 

Durchaus gespannt und auch aufgeregt rüstete ich mich auf und wartete darauf, abgeholt zu werden. Sehr schnell stellte sich heraus, dass sich die eigentliche Streifentätigkeit eines Gendarmen hier in Frankreich nicht sehr von „unserer“ Streifentätigkeit in Deutschland unterscheidet. Verkehrsunfälle aufnehmen, Ruhestörungen beseitigen, Streitigkeiten schlichten, präventive und repressive Streifentätigkeit, Verkehrskontrollen...

Witzig in dem Zusammenhang war sicherlich die recht schnelle Erkenntnis, mit welchem „Tunnelblick“ ausländische Touristen in einem fremden Land unterwegs sind, da es sich die hiesigen Kollegen natürlich nicht nehmen ließen, gezielt das eine oder andere, deutsche Fahrzeug für eine Kontrolle „rauszuziehen“ und mich die Verkehrsteilnehmer ansprechen zu lassen. Ungläubige Blicke wurden mir „ob meiner unfassbar guten, deutschen Sprachkenntnisse“ zugeworfen bis realisiert wurde, dass auf meiner Schutzweste nicht „Gendarmerie“ sondern „Polizei“ stand, was regelmäßig eine ganze Weile dauerte. Jedoch wurde nach einer kurzen Erklärung stets sehr positiv darauf reagiert, dass es für den „Fall der Fälle“ einen deutschen Ansprechpartner für deutsche Touristen gibt.

Am Nachmittag des gleichen Tages ging es dann in die erste von diversen „Réunions“ (Dienstbesprechungen), welche sich auf Grund der Anwesenheit der unterschiedlichen Organisationen wie der Gendarmerie Nationale, Police Municipale, Police Nationale, Bürgermeister und weiteren Institutionen als durchaus „größere Veranstaltung“ darstellte. Aber auch hier wurde von sämtlichen Institutionen mit Wohlwollen notiert, dass es „da in Capbreton einen deutschsprachigen Polizeibeamten gibt“, welcher bei Bedarf hinzugezogen werden kann.

Auch bot sich mir die Möglichkeit im Rahmen einer solchen Dienstbesprechung, die Kommandantin der Kompanie in Dax, zuständig für unter anderem die Brigaden der Gendarmerie in Capbreton und Seignosse, Madame La Commandante Bénédicte Ponties, kennenzulernen. Im weiteren Verlauf meines Aufenthaltes zeigte sich, dass ich einen durchaus ungewöhnlichen bzw. „angespannten“ Zeitraum für meinen ersten, dienstlichen Auslandsaufenthalt ausgewählt hatte - den G7-Gipfel im nur ca. 35 Kilometer entfernten Biarritz.

Es zeigte sich sowohl in der Quantität der herangeführten Polizeikräfte im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel (inklusive Kräfte der Guardia Civil aus Spanien sowie der Deutschen Bundespolizei) als auch in der Herangehensweise an Einsätze mit hoher Außenwirkung und potentieller Gefahr für eine Vielzahl Unbeteiligter, dass das Sicherheitsgefühl der Kollegen in Frankreich nach den Vorkommnissen in Paris sowie in Nizza doch deutlich angespannt ist.

Meine Tätigkeit in der Region „Nouvelle Aquitaine“ lag schwerpunktmäßig in der „Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ zusammen mit dem „Détachement de Surveillance et Intervention de Soorts-Hossegort“ (DSI). Bei den „DSI“ handelt es sich um ausschließlich für die Sommersaison gebildete Einheiten, welche in den Touristen-Hochburgen zusammengezogen werden, um hier dem Auftreten der Touristenmassen Herr zu werden. Capbreton oder Soorts-Hossegort sind außerhalb der Sommersaison eher beschauliche Küstenörtchen.

Das DSI-Hossegort bestand zum Zeitpunkt meiner Ankunft aus einer Einheit der französischen „Escadron de la Gendarmerie Mobile“ (EGM) - wohl am ehesten vergleichbar mit einem Zug einer unserer Hundertschaften, jedoch örtlich deutlich weiter verstreut tätig, als es unsere geschlossenen Einheiten sind - welche allerdings Mitte August auf Grund des anstehenden G7-Gipfels abgezogen und durch Rerservistenkräfte der Gendarmerie Nationale ersetzt wurde.

Im Zusammenhang mit meiner Unterbringung gemeinsam mit der „EGM“ ereignete sich sicherlich auch eine der lustigsten Anekdoten während meines Aufenthaltes. Als ich zusammen mit dem Capitain der Mobilen Einheit zu einer der oben beschriebenen Dienstbesprechungen fuhr und dieser - wie dies in Frankreich absolut üblich ist - von einem Gendarmen in der Ausbildung mit der Bezeichnung „mon Capitain“ stramm stehend angesprochen wurde, eben jener Gendarm aber beim Anblick meiner Schulterklappen zur Salzsäule erstarrte und mich mit den Worten „Bonjour mon Général“ begrüßte. In Unwissenheit der Situation spiegelte es wider, dass gerade im Bereich der Gendarmerie Nationale noch ein ganz anderes, hierarchisches Gefüge herrscht, als dies in Deutschland bei der Polizei der Fall ist. Dies dürfte wohl darin begründet sein, dass die Gendarmerie Nationale bis vor zehn Jahren noch ausschließlich dem Verteidigungsministerium unterstellt war, und die Verantwortlichkeiten erst seit 2009 zwischen Innen- und Verteidigungsministerium aufgeteilt sind.

Nachdem ich im Laufe meines Aufenthaltes vor Ort nun durchaus einen Einblick in die Arbeitsweise und Einsatzlage der Gendarmerie Nationale erhalten und auch diverser Nachtdienste versehen habe, ist mein Resümee:

 

Anderes Land... aber ähnliche Einsatzlagen und grundsätzlich ähnliche Herangehensweise

Die größten Unterschiede zwischen Polizei NRW und Gendarmerie Nationale waren für mich sicherlich zum einen in der unterschiedlichen Ausstattung zu erkennen, aber auch in der komplett anderen, zeitlichen Struktur der Dienstverrichtung. So waren die französischen Kollegen jedes Mal vollkommen geflashed und begeistert, wenn ich ihnen erzählte, mit welchen Streifenwagen wir in NRW unseren Dienst versehen. Andererseits war ich sprachlos ob der einsatztaktischen Hilfsmittel der französischen Gendarmerie beispielsweise Taser, Gummigeschosse, aber auch der technischen Möglichkeiten.

Eine recht große Umgewöhnung war allerdings die „zeitliche Komponente“ hier in Frankreich. Vor einigen Jahren wurde der Schichtdienst (ob nun in ganz Frankreich entzieht sich meinem Wissen) umgestellt. Eine achtstündige Schicht kennen die Kollegen hier nicht. Vielmehr werden die Streifentätigkeiten (ebenso wie die Bürodienstzeiten) in Blöcken von drei oder vier Stunden verrichtet... das aber zwei bis drei Mal pro Tag. So kann es durchaus passieren, dass man zunächst einen Streifenblock von 10 bis 13 Uhr hat, man dann nach einer Mittagspause am späten Nachmittag nochmal Dienst versieht UND man nachts auch nochmal „ran“ muss... beispielsweise in einem Streifenblock von 4 bis 7 Uhr. Für mich persönlich war dieses unbekannte Terrain eher gewöhnungsbedürftig, da man niemals „so ganz Feierabend“ hatte. Aber auch hier galt: andere Länder, andere Sitten!

Zum Abschluss meines einmonatigen Auslandsaufenthaltes im Rahmen der Europäischen Kommissariate 2019 komme ich nicht umhin zu sagen, dass es mir eine ausgesprochene Ehre und Freude war, im Ausland die Bundesrepublik Deutschland, das Land Nordrhein-Westfalen und auch meine Behörde repräsentieren zu dürfen. Ich habe in dem Monat viel gelernt und nebenbei meine schon ein wenig eingerosteten Sprachkenntnisse wieder auffrischen können. Außerdem durfte ich durch die durchaus große Fluktuation von Einsatzkräften vor Ort eine große Anzahl französischer Kollegen kennenlernen, welche „durch die Bank“ überaus freundlich, höflich, zuvorkommend und offen mit mir umgegangen sind.

Merci beaucoup beaucoup!!!!

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